Kapitel 5
Party in Indien
Alkohol und Rauchen gilt fast überall in Indien als verpönt. Außer in Goa; die westliche Oase Indiens. Goa ist berühmt, berüchtigt fürs gemeinschaftliche Kiffen und Party machen in Clubs. Ein Gerücht über Goa besagt sogar, dass Bars die Polizeistreife bestechen nicht direkt vor ihrer Haustüre zu patrouillieren und zu kontrollieren. Ich weiß zwar nicht ob das wirklich so zutrifft, aber bei meinem 3 Tägigen Aufenthalt in Goa habe ich nicht einmal einen Polizisten in dem Touristenbelebten Kleinstaat gesehen. Lokale Inder behaupten, es sei auch gut so, denn die Mehrheit aller Scooter-Fahrer sind auf heavy Drogen. Unsere etwa 15-köpfige Gruppe Freiwilliger in Kundapur beschloss nach 3 Wochen Aufenthalt in Indien den Entzug an westlichen Werten mit einem Trip nach Goa auszugleichen. Bevor wir also mit dem Nachtzug am Donnerstagabend gen Norden fuhren, forstete ich das Internet nach Goa scannend ab, ob irgendwelche Must-to-see Bauwerke oder kulturelle Einrichtungen existieren; denn ich war überzeugt davon nicht dauerhaft am Strand in der Sonne zu gammeln, sondern einen pädagogisch, wertvollen Ausflug zu planen. Nach einer Stunde oberflächlicher Suche dämmerte mir, dass mit Kultur die wundervolle, nächtliche Partymeile am Strand Goas gemeint war; und ich akzeptierte, dass das Feiern im Vordergrund stand.
Der indische Nachtzug hat unterschiedliche Abteile: Sleeper-class, Sitting-class und noch eine Luxus-class. Wir haben uns aus Geiz für die billigere Version Sitting-class ohne Betten entschieden (1,50 Euro für 240 Kilometer von Kundapur bis nach Goa), wobei wir realisierten, dass dieses Abteil schon randvoll von stehenden und zerquetschten Indern besetzt war. Man konnte dort nicht einmal mehr einsteigen, weil die während der Fahrt offene Eingangstür von sitzenden Passagieren blockiert war. Spontan kletterten wir in die Sleeper-class, fanden glücklicherweise ein paar freie Betten und zahlten letztendlich 3 Euro für die Hinfahrt. Es lohnt sich übrigens Ohropax mitzunehmen.
Unser Hostel befand sich in der Näher vom Anjuna Strand und kostete uns für zwei Nächte umgerechnet 5 Euro.
Viel gibt es bei unserem Ausflug nicht zu erzählen. Tagsüber glühten wir vor, genossen die Strandatmosphäre; nachts wurden entweder die Straßen und Clubs erobert oder man erweiterte sich den Horizont.
Auf meinem Rückweg nach Kundapur war meine Gefühlslage komisch. Ich fühlte Heimweh. Ich wollte nach Hause. Doch wo war mein Zuhause? Sehnte ich mich nach meinem alten Zuhause in München oder nach meinem neuen Zuhause in Kundapur? War es normal, dass ich mich auf meine Hostfamily freute? Auf jeden Fall war der gestörte Hund auf 180, als er mich um 3 Uhr morgens sah. Er freute sich so dolle, dass er mich aus Versehen anpinkelte. Ich nahm die freundliche Begrüßung als ein nettes Welcome-back. Als ich ins Badezimmer lief, um mich abzuduschen, winkte mir die 6-beinige Spinne freundlich zu. Ich habe mein neues Zuhause echt vermisst (Keine Ironie)!
Karnataka kann auch ohne Alkohol feiern und Spaß haben. Dies wurde mir beim Ganesha Festival am 13. September bewiesen. Im Hinduismus ist Ganesha der von vielen Indern meistgeliebte Gott mit Elefanten Kopf. Er ist auch der einzige Gott, der als Partygott mit DJ-Musikumzügen hoch gefeiert wird, welche an Faschingsumzüge in Deutschland erinnern, nur ten-times better. Dieser riesige Umzug bildete mit einem fetten Diskowagen an der Spitze nacheinander einzelne, geschichtliche Stationen der Biografie von Ganesha.
Schauspieler verkleideten sich als Gottheiten und spielten dramatische Theaterszenen auf gigantischen Traktor-artigen Wagen, bei denen keine Kosten gescheut wurden sie mit exorbitanten Musikboxen und LED-Lichterketten auszustatten. Ein einziger Wagen verbrauchte oft den gesamten Strom eines Dieselgenerator-Anhängers. Mein Zimmergenosse und ich bahnten uns begeistert den Weg zum Anfang des Zuges, um bei der fahrenden Disko mitzutanzen. Die gesamte Jugend Kundapurs empfing uns schon und wärmte unseren Platz auf; ungelogen, in der Mitte der Menge war die Temperatur höher als 40 Grad. Und ich pflege zu sagen, dass etwa 80% vom Schweiß auf meinen Klamotten nicht mir gehörte.
Meiner Meinung nach sollte das Christentum auch so einen legendären Partymarsch organisieren, um Gott und das Leben zu feiern. So ein bahnbrechendes Event würde die Jugend unglaublich motivieren auch sonntags mal in die Kirche zu gehen…
to be continued…